Yuri Mechitov "farewell to the past"
02.06.2017 — 07.08.2017
Vergangenheit leb wohl – Dinge, die einst mit uns waren
Sehr viele Gegenstände, die Teil unserer Vergangenheit waren, sind verschwunden, existieren nicht mehr. Wer nutzt noch altmodische Tonbänder, Kassettenrekorder, Plattenspieler oder eine mechanische Rechenmaschine? Wer setzt noch echtes Filmmaterial zum Photographieren und beim Filmdrehen ein? Der gnadenlose technische Fortschritt fegte Derartiges mit seinem digitalen Besen hinweg. Nirgendwo mehr köchelt leise das Wasser in einem Samowar. Das Lesen von Büchern und Briefeschreiben ist zum Anachronismus geworden.
Schnell trennen sich Menschen von Dingen, die für sie nutzlos geworden sind! Ich suchte für dieses Projekt einen simplen, für sein hübsches Geräusch bekannten Kreisel. Es war mir unmöglich, ein bemaltes Schaukelpferd aus Holz oder Pappmaché aufzutreiben, obwohl diese in den 1950er- und 60er-Jahren sehr beliebt waren. Schnell entledigen wir uns all der Orden, Medaillen, Ehrenurkunden, Flaggen und Büsten der vergangenen Epoche und überlassen sie der Obhut der ideologisch neutralen Flohmärkte. Ich glaube, ältere Menschen (mich eingeschlossen) sind irritiert vom Anblick all der Plasmabildschirme, Smartphones und iPods mit denen daran festzuklebend scheinenden jungen Menschen, die den Anschluss an das Informationsuniversum für selbstverständlich halten und die keine Vorstellung mehr von dem Leben haben, das dahingegangen ist. Diese Art unerklärbarer Besorgnis für die junge Generation inspirierte mich bei der Aufnahme dieser Bilder. Ich bin nicht über alle der entstandenen Bilder glücklich, aber manche davon mag ich wirklich sehr.
Yuri Mechitov
Tbilisi ist ein wirklich warmer Ort (tbili bedeutet übersetzt warm) und eine großartige multikulturelle, multikonfessionelle und multiethnische Stadt, bewohnt von wirklich freundlichen Menschen. Jedoch durchlebt sie turbulente und wechselnde Zeiten, während sie versucht, die eigenen Werte trotz der verrückten „Verwestlichung“ aller Lebensbereiche zu bewahren. Dies bekräftigt der 1950 in Tbilisi geborene Yuri Mechitov, der seine Stadt liebt, in ihr und mit ihr agiert, aber auch die Gefahren der Zerstörung und die Defragmentierung der Altstadt durch moderne, teils absurde Großbauten mit Sorge betrachtet.
Yuri ist einer der bekanntesten Künstler seines Landes. Er war Freund und langjähriger Set-Photograph des Meisterregisseurs Sergo Parajanov und auch mit Andrej Tarkowski bekannt. Yuri ist uns ein Freund geworden, wir arbeiten seit Jahren mit ihm zusammen. Legendär waren seine Beiträge zur Ausstellungsreihe „Armenia/Georgia – Insight/Out“, seine Solo-Präsentation in der Galerie Klinger (Görlitz) und die Beteiligung an der Ausstellung zur Verleihung des Reiner-Kunze-Preises 2011. Die Ausstellung „farewell to the past“ präsentieren wir in Kooperation mit der OSTRALE 2017 in Dresden, an welcher Yuri mit seinen Pirosmani-Adaptionen beteiligt sein wird. Und last but not least können Sie ab Ende August seine Werke in unserer Gruppenausstellung „Follow the Sign“ (zum 15. Jubiläum des Kultur Aktiv e. V. im Kulturrathaus Dresden) betrachten.
Auch in unserem Kunst-Magazin „partisanen“ veröffentlichten wir immer wieder seine Arbeiten mit seiner typisch „georgischen“ Sicht auf die westliche Welt.
MAGnEUROPA
Das Magazin zur Ausstellung als Download [pdf] - MAGnEUROPA 1/2017. In gedruckter Form kann es in der Galerie erworben werden.
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