CHECK YOUR HEAD - Das Porträt in der zeitgenössischen Malerei
21.09.2019 — 28.09.2019
Florian Bielefeld / Berlin
Steven Black / Leipzig
Sebastian Gögel / Leipzig
Henriette Grahnert / Leipzig
Paule Hammer / Leipzig
Anton Henning / Manken, Dresden
Henning Kles / Hamburg
Tobias Köbsch / Dresden
Grit Richter / Hamburg
Christoph Ruckhäberle / Leipzig
Kristina Schuldt / Leipzig
Matthias Weischer / Leipzig
Eröffnung: Sa, 14.09.2019 / 19 Uhr
Das Porträt ist eine der ältesten und zentralsten Bildformen in der Geschichte des Menschen wie der Kunst. In der Betrachtung von Köpfen und Gesichtern glauben wir unser Gegenüber zu erkennen, und so diente das Porträt wohl stets dazu, sich des Anderen durch malerische oder bildhauerische Aneignung zu vergewissern und ein Erinnerungsbild zu schaffen. Denn das Porträt vermag in besonderer Weise Emotionen, Stimmungen und Projektionen zu transportieren. Auch ist der Kopf der Ort an dem sich unsere Wahrnehmung konstituiert; er ist der Sitz unseres Bewusstseins.
Seit ihrer Erfindung im 19. Jahrhundert hat die Fotografie diese Bildaufgabe von der Malerei und der Skulptur weitgehend übernommen und im Porträt eines ihrer zentralen thematischen Anliegen gefunden. In unserer Gegenwart führt die omnipräsente Nutzung des Smartphones nun dazu, dass permanent porträtiert und selbstporträtiert wird. Allein bei Instagram, der Heimat des digitalen (Selbst)porträts, geschieht dies täglich millionenfach. Was kann also ein gemaltes Porträt im Jahr 2019 noch leisten und ist das klassische Genre des Porträts für die Malerei überhaupt noch relevant? Kann ein gemaltes Porträt ein authentisches Bild vermitteln und will es dies überhaupt? Oder ist das Sujet längst zur malerischen Folklore geworden?
Für die Ausstellung „CHECK YOUR HEAD“ haben Henriette Grahnert und Tobias Köbsch zehn Künstler*innen eingeladen, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Bildtypus des malerischen Porträts auseinandersetzen. Die Gruppenausstellung möchte die Aktualität und Relevanz gegenwärtiger Malereiproduktion am Beispiel dieses Bildsujets auf den Prüfstand stellen und nicht zuletzt fragen, welches Potenzial ein gemaltes Porträt im Vergleich zu anderen künstlerischen Medien (noch) besitzt. Die einzelnen Positionen zeigen, wie heterogen die bildnerischen Lösungen hinsichtlich der Darstellbarkeit von Individuum und Persönlichkeit in Zeiten von Selfie-Hype und algorithmischer Gesichtserkennung sein können und wohl auch müssen.
Die beiden Leipziger Künstler Matthias Weischer und Steven Black haben sich der klassischen Porträtstudie nach Modell verschrieben. Der ehemalige Villa-Massimo-Stipendiat und LVZ-Kunst-Preisträger Weischer (*1973) ist in erster Linie für seine pastos aufgetragenen Interieurs berühmt. Weniger bekannt sind seine Porträtstudien, die er seit einigen Jahren anfertigt und die bisher selten ausgestellt waren. Der gebürtige Australier Black (*1973), Professor für Anatomie an der HGB Leipzig, setzt sich mit dem Sujet Kopf und Figur nahezu bildhauerisch auseinander. Er modelliert mit pastos aufgetragener Ölfarbe die charakteristischen Eigenheiten seiner Modelle, die oftmals vor einem reduzierten, weißen Hintergrund zu schweben scheinen.
Henriette Grahnert (*1977), Villa-Massimo-Stipendiatin 2009 und in Leipzig lebend, sowie die in Dresden geborene Grit Richter (*1977) verfolgen einen gänzlich anderen Ansatz: Unabhängig voneinander erforschen die beiden Malerinnen die Demarkationslinie, an der ein gemaltes Bild zum Porträt wird. An diesem Punkt wird auch deutlich, dass die technische Datenverarbeitung – beispielsweise die Gesichtserkennungsfunktion einer Handykamera – längst ihren reflektorischen Niederschlag in der Bildproduktion gefunden hat. Wann wird ein Gesicht jenseits von Algorithmen zu einer erkennbaren Physiognomie?
Der in Berlin lebende Künstler Florian Bielefeldt (*1977) entwirft in seinen Acrylbildern, Zeichnungen und Installationen einen dystopisch-humoresken Bildkosmos, in dem sich Comic, Karikatur und surrealistische Malerei auf groteske Weise miteinander vermengen. Der Leipziger Künstler Paule Hammer (*1975) verwendet in seinen Arbeiten neben Bild- auch Schriftelemente: Köpfe und Gesichter werden von Texten überschrieben und umschlungen. Interviews, die er mit den Porträtierten führte, aber auch Traumsequenzen und Gedanken aus seiner seit Jahren handschriftlich geführten Weltenzyklopädie bedecken den Bildraum.
Der in Dresden lebende Künstler Tobias Köbsch (*1977) bewegt sich mit realistisch gemalten Ölbildern an der Grenze zwischen Inszenierung und Dokumentation. Die mit Plastiktüten verhüllten Menschen führen die gängige Definition des Porträts ad absurdum, da dem Betrachter der visuelle „Zugriff“ auf die Physiognomien verwehrt wird. Christoph Ruckhäberle (*1972), Professor für Malerei an der HGB Leipzig, sammelt Material aus Trivialkultur, sozialistischer Wandmalerei, Zirkus- und Schaubudenstaffage und konstituiert aus diesen heterogenen Elementen ein ironisch gebrochenes, malerisches Manifest. Spielerisch jongliert er mit Stilzitaten aus verschiedenen Kunstepochen und erschafft daraus eine kraftvolle, individuelle Bildsprache. Der Leipziger Sebastian Gögel (*1978) verbindet in seinen Arbeiten hingegen Bad Painting mit der Ästhetik früher Computerspiele und Illustrationen. In seiner irritierenden, teils morbiden Bildsprache greift er auch auf seine Erfahrungen als Tätowierer zurück.
Mit großer Leichtigkeit verbindet die Leipziger Malerin Kristina Schuldt (*1982) aktuelle malerische Trends mit Rückgriffen auf die Kunstgeschichte. Auf diesem Weg erarbeitet sie sich eine eigene Bildsprache, die sich aus dem Vokabular des Kubismus, des Neoexpressionismus sowie des Bad Painting zu speisen scheint. Henning Kles (*1970), Dozent am Department Design der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, setzt in seinen Arbeiten Gesichter und Figuren aus abstrakten Farbflächen zusammen, die sich zwischen malerischer Eleganz und verstörender Komik bewegen. Last but not least: Der aktuell an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden als Vertretungsprofessor unterrichtende Anton Henning (*1964) verhandelt in seinen Gemälden die Eigenheiten der Moderne und führt sie ebenso überraschend wie schlüssig neu zusammen. Sein Werk umfasst zahlreiche Porträts, die die unterschiedlichsten Zitate und Bezüge zur Geschichte der Kunst aufweisen und beispielsweise Werke von Renè Magritte, Marcel Duchamp oder Andy Warhol reflektieren. Anton Henning entwickelt in seinen Arbeiten eine Art „geläuterter Moderne“, die sich den Avantgarden des 20. Jahrhunderts nicht im Modus ironischer Distanzierung nähert, sondern ihre Stilmittel und Transformationen für das eigene Œuvre weiterdenkt.
Steven Black / Leipzig
Sebastian Gögel / Leipzig
Henriette Grahnert / Leipzig
Paule Hammer / Leipzig
Anton Henning / Manken, Dresden
Henning Kles / Hamburg
Tobias Köbsch / Dresden
Grit Richter / Hamburg
Christoph Ruckhäberle / Leipzig
Kristina Schuldt / Leipzig
Matthias Weischer / Leipzig
Eröffnung: Sa, 14.09.2019 / 19 Uhr
Das Porträt ist eine der ältesten und zentralsten Bildformen in der Geschichte des Menschen wie der Kunst. In der Betrachtung von Köpfen und Gesichtern glauben wir unser Gegenüber zu erkennen, und so diente das Porträt wohl stets dazu, sich des Anderen durch malerische oder bildhauerische Aneignung zu vergewissern und ein Erinnerungsbild zu schaffen. Denn das Porträt vermag in besonderer Weise Emotionen, Stimmungen und Projektionen zu transportieren. Auch ist der Kopf der Ort an dem sich unsere Wahrnehmung konstituiert; er ist der Sitz unseres Bewusstseins.
Seit ihrer Erfindung im 19. Jahrhundert hat die Fotografie diese Bildaufgabe von der Malerei und der Skulptur weitgehend übernommen und im Porträt eines ihrer zentralen thematischen Anliegen gefunden. In unserer Gegenwart führt die omnipräsente Nutzung des Smartphones nun dazu, dass permanent porträtiert und selbstporträtiert wird. Allein bei Instagram, der Heimat des digitalen (Selbst)porträts, geschieht dies täglich millionenfach. Was kann also ein gemaltes Porträt im Jahr 2019 noch leisten und ist das klassische Genre des Porträts für die Malerei überhaupt noch relevant? Kann ein gemaltes Porträt ein authentisches Bild vermitteln und will es dies überhaupt? Oder ist das Sujet längst zur malerischen Folklore geworden?
Für die Ausstellung „CHECK YOUR HEAD“ haben Henriette Grahnert und Tobias Köbsch zehn Künstler*innen eingeladen, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem Bildtypus des malerischen Porträts auseinandersetzen. Die Gruppenausstellung möchte die Aktualität und Relevanz gegenwärtiger Malereiproduktion am Beispiel dieses Bildsujets auf den Prüfstand stellen und nicht zuletzt fragen, welches Potenzial ein gemaltes Porträt im Vergleich zu anderen künstlerischen Medien (noch) besitzt. Die einzelnen Positionen zeigen, wie heterogen die bildnerischen Lösungen hinsichtlich der Darstellbarkeit von Individuum und Persönlichkeit in Zeiten von Selfie-Hype und algorithmischer Gesichtserkennung sein können und wohl auch müssen.
Die beiden Leipziger Künstler Matthias Weischer und Steven Black haben sich der klassischen Porträtstudie nach Modell verschrieben. Der ehemalige Villa-Massimo-Stipendiat und LVZ-Kunst-Preisträger Weischer (*1973) ist in erster Linie für seine pastos aufgetragenen Interieurs berühmt. Weniger bekannt sind seine Porträtstudien, die er seit einigen Jahren anfertigt und die bisher selten ausgestellt waren. Der gebürtige Australier Black (*1973), Professor für Anatomie an der HGB Leipzig, setzt sich mit dem Sujet Kopf und Figur nahezu bildhauerisch auseinander. Er modelliert mit pastos aufgetragener Ölfarbe die charakteristischen Eigenheiten seiner Modelle, die oftmals vor einem reduzierten, weißen Hintergrund zu schweben scheinen.
Henriette Grahnert (*1977), Villa-Massimo-Stipendiatin 2009 und in Leipzig lebend, sowie die in Dresden geborene Grit Richter (*1977) verfolgen einen gänzlich anderen Ansatz: Unabhängig voneinander erforschen die beiden Malerinnen die Demarkationslinie, an der ein gemaltes Bild zum Porträt wird. An diesem Punkt wird auch deutlich, dass die technische Datenverarbeitung – beispielsweise die Gesichtserkennungsfunktion einer Handykamera – längst ihren reflektorischen Niederschlag in der Bildproduktion gefunden hat. Wann wird ein Gesicht jenseits von Algorithmen zu einer erkennbaren Physiognomie?
Der in Berlin lebende Künstler Florian Bielefeldt (*1977) entwirft in seinen Acrylbildern, Zeichnungen und Installationen einen dystopisch-humoresken Bildkosmos, in dem sich Comic, Karikatur und surrealistische Malerei auf groteske Weise miteinander vermengen. Der Leipziger Künstler Paule Hammer (*1975) verwendet in seinen Arbeiten neben Bild- auch Schriftelemente: Köpfe und Gesichter werden von Texten überschrieben und umschlungen. Interviews, die er mit den Porträtierten führte, aber auch Traumsequenzen und Gedanken aus seiner seit Jahren handschriftlich geführten Weltenzyklopädie bedecken den Bildraum.
Der in Dresden lebende Künstler Tobias Köbsch (*1977) bewegt sich mit realistisch gemalten Ölbildern an der Grenze zwischen Inszenierung und Dokumentation. Die mit Plastiktüten verhüllten Menschen führen die gängige Definition des Porträts ad absurdum, da dem Betrachter der visuelle „Zugriff“ auf die Physiognomien verwehrt wird. Christoph Ruckhäberle (*1972), Professor für Malerei an der HGB Leipzig, sammelt Material aus Trivialkultur, sozialistischer Wandmalerei, Zirkus- und Schaubudenstaffage und konstituiert aus diesen heterogenen Elementen ein ironisch gebrochenes, malerisches Manifest. Spielerisch jongliert er mit Stilzitaten aus verschiedenen Kunstepochen und erschafft daraus eine kraftvolle, individuelle Bildsprache. Der Leipziger Sebastian Gögel (*1978) verbindet in seinen Arbeiten hingegen Bad Painting mit der Ästhetik früher Computerspiele und Illustrationen. In seiner irritierenden, teils morbiden Bildsprache greift er auch auf seine Erfahrungen als Tätowierer zurück.
Mit großer Leichtigkeit verbindet die Leipziger Malerin Kristina Schuldt (*1982) aktuelle malerische Trends mit Rückgriffen auf die Kunstgeschichte. Auf diesem Weg erarbeitet sie sich eine eigene Bildsprache, die sich aus dem Vokabular des Kubismus, des Neoexpressionismus sowie des Bad Painting zu speisen scheint. Henning Kles (*1970), Dozent am Department Design der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, setzt in seinen Arbeiten Gesichter und Figuren aus abstrakten Farbflächen zusammen, die sich zwischen malerischer Eleganz und verstörender Komik bewegen. Last but not least: Der aktuell an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden als Vertretungsprofessor unterrichtende Anton Henning (*1964) verhandelt in seinen Gemälden die Eigenheiten der Moderne und führt sie ebenso überraschend wie schlüssig neu zusammen. Sein Werk umfasst zahlreiche Porträts, die die unterschiedlichsten Zitate und Bezüge zur Geschichte der Kunst aufweisen und beispielsweise Werke von Renè Magritte, Marcel Duchamp oder Andy Warhol reflektieren. Anton Henning entwickelt in seinen Arbeiten eine Art „geläuterter Moderne“, die sich den Avantgarden des 20. Jahrhunderts nicht im Modus ironischer Distanzierung nähert, sondern ihre Stilmittel und Transformationen für das eigene Œuvre weiterdenkt.
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