END OF TIME – Mateusz Kula/ Paul Barsch

Performance Installation von 19 – 21 Uhr


End of Time ist eine verdrehte Installation – sie erzählt eine Geschichte des postkommunistischen Übergangs, der sich überstürzenden Ereignisse und des Rhythmus des Durchbruchs, begleitet von einem Gefühl der Entfremdung und Verstimmung, aber auch der Faszination angesichts der Veränderungen. Die Geschichte greift viele unterschiedliche Bruchstücke auf. Mateusz Kula nimmt uns mit auf den Pfad – beziehungsweise auf mehrere Pfade – seines Nachdenkens über diesen Übergang. Der Künstler lehnt das offizielle Narrativ des vergangenen Zeitalters ab und präsentiert stattdessen gefundene Objekte, verworfene und unfertige Erzählungen: angefangen mit einer scheinbar banalen Geschichte der Werbung, die auf vorgefertigte Dateien (sogenannte ClipArt) beruht, auf visuelle „Transplantationen“ aus einer anderen Welt, über private Aufzeichnungen und mikroökonomischen Geschichten, bis zur Black Metal-Subkultur, die hin und her pendelt zwischen Rebellion und der Weigerung, sich an den Protestformen, wie sie innerhalb der „gesellschaftlichen Ordnung“ erwartet werden, zu beteiligen. Dieser ambivalente Zustand zwischen Veränderung und Anpassung an die neuen Verhältnisse einerseits und der Weigerung mitzumachen andererseits erzeugt Gewalt und Aggressionen, die sich oft gegen die eigene Gruppe richten, statt sich als sozialer Protest zu äußern. „Ich fand meinen geliebten Wolf und nun sollte ich gefressen werden“, sagt einer der Protagonisten in Łukasz Orbitowskis Kurzgeschichte Popiół nad krakowskim niebem [Asche über den Himmel von Kraków], die Teil der Installation/Erzählung ist.


Das Schweben in einem Zustand zwischen Leben und Tod (Wir sind nicht gestorben… wir haben nie gelebt*), die luziferische Melancholie, thematisiert an eine tiefere Wunde, die in Einsamkeit gepflegt wird. Winter und Dunkelheit begünstigen nicht unbedingt soziale Bindungen, sie ermöglichen jedoch alternative Visionen, eine Fantasie, eine Geschichte über eine verlorene Zivilisation. William Morris, Fletcher Pratt und H.P. Lovecraft werden in End of Time zitiert, ebenso wie Interviewfragmente und Titelseiten von Fanzines. Die Ängste und Faszinationkraft dieser Autoren nehmen die Ängste der Generation des postkommunistischen Übergangs vorweg. Mateusz Kulas Installation visualisiert diese gegenseitige Durchdringung der Zeiten, diese Erzählung über eine Zukunft in der Vergangenheitsform und über die Vergangenheit im Futur: Dinge passieren, werden wiederholt, wie in einem Ornament.


Während seiner performativen Führung präsentiert der Künstler nicht nur Ausschnitte seiner Bekenntnisse, sondern auch eine inszenierte Situation visueller Bruchstücke jener/dieser Welt, um die es ihm geht. Er bewegt sich zwischen dem Privaten und Öffentlichen und versucht wie ein Archivar den Moment des Übergangs weniger einzufangen, als ihn vor der Erstarrung zu schützen.


*Burzum, Was einst war